In meinem Herzen war Sturm und nackte Panik stieg in mir auf, als die Tür von der Krankenschwester einen Spalt weit geöffnet wurde und den wartenden Beamten meine Transportfähigkeit signalisierte.
„Illegal! Keine gültige Aufenthaltsgestattung für die Bundesrepublik Deutschland! Mitkommen!“
Gerade erst war ich aus der Ohnmacht erwacht. Nur langsam rieselte die Erinnerung zurück. Der fürchterliche Schreck über die Ereignisse des Nachmittags fuhr mir erneut in die Knochen. Am Rücken spürte ich meine, vom Wegrennen noch klebrige, verschwitzte Kleidung, als mir die Handschellen angelegt wurden. Mit verhangenem Blick sah ich den Beamten an. War das wirklich alles, was er mir jetzt zu sagen hatte, hier in der Notaufnahme, auf einem Krankenhausflur?
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Es hatte verheißungsvoll begonnen, damals im Frühling am Hamburger Flughafen. So viele neue Eindrücke ließen meine neugierigen Augen umherwandern. Die riesige Halle mit der hohen, kunstvollen Deckenkonstruktion. An den Seiten die vielen bunten Schalter der verschiedenen Fluglinien und davor die Menschenschlangen. Ich atmete langsam und tief, spürte die Spannung, die in der Luft lag. Menschen freuten sich auf ihren Urlaub oder auf eine Geschäftsreise oder einen Familienbesuch. Manche versuchten, noch während sie aufs Einchecken warteten, ihr Gepäck vom Rucksack in den Koffer oder andersherum umzuschichten.
Eine junge Frau mit blonden, langen, luftig wehenden Haaren kam zielstrebig auf mich zu. Ihr Gesicht strahlte. Meine erste Verwunderung in dieser neuen Welt. Verwechselte sie mich etwa mit jemandem? Sie war groß und schlank, trug Jeans und einen Blazer über dem T-Shirt. Ich sah auf ihre Schuhe, Sneakers. Sie musterte mich ebenfalls. Schwarze Stretch-Hose, dunkelgrünes T-Shirt mit Wasserfallausschnitt und Jackett. Um den Hals eine feingliedrige Goldkette mit einem kleinen Anhänger. Meine Füße steckten in schwarzen Spangenpumps. Mit oder ohne Schuhe war ich etwas größer als sie.
„Du bist sicherlich Dejis Schwester!“, sagte sie auf Englisch und streckte mir die Hand zum Gruß entgegen.
„Ja, das bin ich“, antwortete ich, verwundert, woher sie das wusste.
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