gott im hotel

19,90 

Erzählung

Hardcover, Leseband, 252 Seiten
ISBN 978-3-948177-13-3
Kategorien: , Schlagwort:

Beschreibung

mystik auf reisen – Anna Platsch nimmt uns mit auf ihre Reisen, im Außen und Innen.

Über das Buch:

In der EINEN GROSSEN Erzählung leben wir alle unser Leben.
In diesem Geist reist die Autorin zu besonderen Orten (Sri Lanka, Jerusalem, Bremen, Antakya, Kreta, Ikaria, Epidaurus, Delphi, Meteora, Paola, Bardolino, Avila), sucht nach Visionen, trifft die unterschiedlichsten Menschen und ist Mystikerinnen und Weisen auf der Spur. Allem begegnet sie mit unverstelltem Blick – erzählt in der stillen Kraft der Liebe, poetisch und mit feinem Humor.
Das Hotel wird zum Bild für unser Leben, essenziell getragen und durchdrungen von der Quelle.
So wird man beim Lesen geheimnisvoll tief mit hineingenommen in die Weite des eigenen Herzens.

 

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Mehr zur Autorin

Anna Platsch

Anna Platsch

Anna Platsch ist seit über dreißig Jahren schriftstellerisch tätig und leitet Schreibretreats. Sie liebt die Natur, lebt im Chiemgau, ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn. Starke Spuren in...

Leseprobe

VOR VIELEN JAHREN WAR ICH EINMAL mit meinem Mann auf
dem Heimweg von einer längeren Reise. Beide waren wir
müde und so entschieden wir uns, in der kleinen Stadt, in
der wir gerade angekommen waren, noch einmal eine Nacht
Station zu machen. Ich spürte etwas Widerstand in mir wegen
der braunen Vergangenheit des Ortes, die für mich auch
noch wahrnehmbar war, trotz des wunderbaren Sees und der
Schönheit der Landschaft. Wir machten uns auf die Suche
nach einem Quartier – und fanden keines. Nur in einem edlen
Grandhotel gab es noch einige Zimmer. Erschöpft, wie wir
waren, ließen wir uns darauf ein und landeten in einem wunderbaren
Raum mit einer Fensterfront an zwei Seiten zum
See hin, weiter Blick, friedliche Atmosphäre. Vordergründig
nahm ich die Situation erst mal, wie sie war, und wir spielten
dann am Abend noch echt Grandhotel mit feinem Essen,
Cocktail und Tanzen in der Bar.
Nur irgendwo weit hinten in mir hatte ich ein leises Grummeln,
nicht nur des Geldes wegen, eher gab es so etwas Verborgenes,
das mir die Freude nahm – war dieses Hotel nicht
ein ganz ‚unspiritueller‘ Ort? ‚Darf‘ sich eine spirituell Suchende
in solchem Luxus bewegen? Auch noch Spaß haben?
Es war eine Zeit, in der ich noch jede Menge Bilder in mir
hatte, was spirituell sei, dass etwas irgendwie sein müsste, um
ein angemessener Platz für meinen tapferen Sehnsuchtsweg
zu sein, dass etwas heilig oder unheilig sein könnte, richtig
oder falsch – die Spuren tausendjähriger christlicher oder
sonstiger Askese, seiner Abwendung von der Welt und patriarchaler
Lehre klebten noch in meinen Zellen. Ich war nicht
frei von Vorstellungen und nicht frei in meinem Handeln, einem
Handeln aus dem tiefsten inneren Bezugspunkt heraus.
In jener Nacht, in jenem Zimmer eines Grandhotels, in jenem
Ort mit Nazivergangenheit, hatte ich dann einen Traum
mit hoher spiritueller Energie. Ein weiser, altehrwürdiger Meister,
ganz in Weiß gekleidet, steigt würdevoll von seinem Pferd, kniet sich auf
den Boden, legt in größter Zärtlichkeit sein Haupt auf die Erde und
lauscht.
Unendlicher Friede, unendliche Stille. Himmel und Erde
ungetrennt, das männlich geprägte spirituelle Wissen lauscht
in Demut dem weiblichen und alles ist mit allem verbunden.
Der Raum floss in eine Schönheit, Liebe und Zerbrechlichkeit
des Lebens, die Weite hatte sich geöffnet. Alles war mit allem
verbunden, nichts war getrennt – ein Raum wahrer Unterscheidungsfähigkeit,
ganz auf der Erde, weit im EINEN.
Dies Menschsein ist ein Gästehaus – ein Ort für alle Bewegungen
unseres Seins. Heiß alle willkommen, nimm alle auf …
Und Jahre später machte ich mich auf die Reise und nahm
dieses Bild des Hotels als unser Menschsein, wir kommen,
verweilen eine Spanne Zeit, machen unsere Erfahrungen in
all ihrer Fülle und reisen wieder ab. Alles ist willkommen.
Die Erde trägt dieses Haus, das uns flüchtig birgt und alles
ist durchdrungen von einem einzigen großen Geheimnis, das
Menschsein, das Haus, die Erfahrungen, die Erde, die Zeit.
Ein Hotel erinnert mich in besonderer Weise an unser flüchtiges
Dasein auf der Erde, an unser stetes In-Bewegung-Sein,
unser Kommen und Gehen. Ich bin zu einigen ‚besonderen‘
Orten gereist, war Mystikerinnen und Weisen auf der Spur,
suchte nach Wegen des Friedens, auch politischen, nicht nur
inneren, verband mich mit der Botschaft der Orte, kam auf
eine Weise, wo immer ich war, mit Aspekten und Stationen
des inneren Weges in Berührung, lernte, wohnte in einfachen
Gästehäusern und großen Hotels.
Manchmal bewegte ich mich ganz vertrauensvoll im lebendigen,
inneren Fluss, und manchmal konnte ich lachen über
meine Fehler. Ich bin einfach meinem inneren Faden gefolgt,
ganz unsystematisch, in Neugier, Nichtwissen und dem großen
Staunen.
Die Mystikerinnen und Weisen, Meister und spirituelle Lehrerinnen
der Länder und Zeiten waren mir ein besonderes
Anliegen. Es sind Frauen und Männer, die ganz bewusst in
diesem einen unbegrenzten Sein, jenem Geheimnis, leben.
Die aus dieser EINEN Quelle schöpfen und daraus wirken. Die
Mystikerinnen waren in vielen Epochen die ersten Frauen, die
ihren eigenen Weg gegangen sind, weil sie aus ihrem inneren
Verbundensein heraus unerschrocken waren. Wie kann das
Weibliche aus dieser EINEN, innersten Quelle wirken und gestalten?
Ich glaube, dass es dieser zeitlose, stille Raum der Liebe
ist, aus dem heraus unsere Visionen, Kraft und Kreativität
fließen, die jetzt unser Leben auf der im Moment so unklaren
Welt braucht.
Natürlich ist gott im hotel ein Spiel – Gott fand mich überall
– und nirgendwo fand ich ES nicht.

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