Ein Buch entsteht

von | 4. Juni 2021

Seit meiner Kindheit liebe ich es zu lesen und auch selbst zu schreiben: Tagebücher, Erzählungen und manchmal auch Gedichte. Bekamen wir im Deutschunterricht die Aufgabe, uns eine Geschichte auszudenken oder zu Ende zu schreiben, machte mein Herz kleine Luftsprünge, die Mundwinkel bewegten sich nach oben und die Augen begannen zu glänzen. Später lebte die Liebe zu den Worten und inneren Bildern in der Form, dass ich meinen drei Kindern ausgedachte Gute-Nacht-Geschichten erzählte, um ihnen das Einschlafen zu erleichtern, ihre Sorgen zu vertreiben und um ihnen Mut für den nächsten Tag und seine kleinen und manchmal auch großen Herausforderungen zu machen.

Ein paar Jahre später, inzwischen hatte ich mich als Hautärztin niedergelassen, kam es dazu, dass ich mir zwei Wochen Praxisurlaub verordnete, während die Kinder die Ferien bei ihrem Vater verbringen sollten. In diesem Moment meldete sich in mir eine feine und zugleich fordernde Stimme: Wenn nicht jetzt, wann dann? Du hast zwei Wochen ganz für dich, musst für niemanden sorgen – pack einen Schreibblock und deinen Laptop ein und leg los! Erzähle die Geschichten, die in dir darauf warten, gehört und gelesen zu werden. Teile sie.

Ich buchte ein kleines Hotel im Südwesten Mallorcas, einfache Zimmer, alle mit Blick auf das weite Meer – und dort entstanden sie, zwei fantasievolle und erhellende Geschichten, geschrieben für Klein und Groß. Die eine handelt von der Biene Mariella und ihren Abenteuern beim Heranwachsen und die andere von der Spinne Isolde, vor der die von ihr so geliebten Kinder schreiend davonrennen und die am Ende doch glücklich wird. Um diese Geschichten erzählen zu können, versetzte ich mich in die Welt der Tiere, ließ sie mit meinem Bewusstsein sprechen, vermenschlichte sie also. Mit den faszinierenden Besonderheiten und den Erlebnissen der Tiere wollte ich zum einen spannendes Wissen vermitteln, zum anderen auch die Herzen berühren. Ich stellte mir vor, dass diejenigen, die den Geschichten lauschen oder sie lesen würden spüren, wie wundervoll die Natur und die ganze Schöpfung ist und dass wir unser Bestes geben sollten, um sie zu beachten und zu bewahren, anstatt sie zu zerstören. Ich wollte etwas dazu beitragen, dass wir erkennen, wie wichtig es ist, dass wir unserem Wesen gemäß im Einklang mit der Natur leben.

Wieder zu Hause angekommen machte ich mich auf die Suche nach jemandem, der die Erzählungen mit sichtbaren Farben und Formen in Bilder übersetzen könnte. Und ich machte zaghafte Versuche, einen Verlag zu finden. Beides war nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Ich las von einem ‚Schreibglück-Kurs‘ des Autors, Redners und Coachs Veit Lindau und meldete mich kurzerhand an – in der Hoffnung, dass dieser Kurs für die Veröffentlichung der beiden Bücher hilfreich sein würde. Und dann kam es ganz anders. Während eines Interviews von Veit Lindau mit Ulrich Ehrlenspiel, damals Verlagsgruppe Random House, kam mir eine kühne Idee in den Sinn und wuchs schnell zu einem festen Plan: Es drängte mich, einen medizinischen Ratgeber über die Bedeutung einer gesunden Lebensweise und der inneren Heilkräfte zu schreiben, Themen, mit denen ich mich bereits viele Jahre beschäftigt hatte. Das Buch sollte in Erinnerung rufen, wie bestaunenswert die Natur erschaffen ist, wie die komplexen natürlichen Prozesse ineinandergreifen, welch große Verantwortung wir Menschen haben, dass wir endlich aufhören müssen, die Natur und die Erde zu misshandeln und uns selbst krank zu machen.

Am Ende der darauffolgenden Nacht schrieb ich mein Konzept auf einen Notizblock: Die Kapitel sollten mit ihren Überschriften dem Alphabet folgen. Ich schrieb die Buchstaben auf und die Themen dahinter. Auf eine mir nicht nachvollziehbare Weise vermied ich es zu diesem Zeitpunkt mir bewusst zu machen, wie viele Buchstaben das Alphabet hat und dass 26 Kapitel geschrieben werden wollten. Diese Erkenntnis hielt sich praktischerweise lange nebulös im Hintergrund.

Und so begann er, der Schreib-Marathon. Es gab Tage, da ging es leicht von der Hand und andere, an denen ich mich fühlte, als hätte ich einen ‚Ironman‘, den härtesten Triathlon der Welt, zu absolvieren. Gleich zu Beginn buchte ich ein Gruppen-Coaching bei der Verlegerin des Sheema Medien Verlags, Cornelia Linder. Und kurze Zeit später erweiterte ich dies durch zusätzliche Einzel-Coaching-Stunden. Im Laufe des Schreib-Prozesses wurde mir zunehmend bewusst, dass dies meine wichtigste Entscheidung und der Schlüssel für die erfolgreiche Entstehung des Buches war.

Anfangs orientierte ich mich an den Empfehlungen erfolgreicher Schriftsteller, richtete mir einen festen Schreibplatz mit Blick ins Grüne ein, schaffte Raum für Ruhe und Muse, sorgte für ein ablenkungsfreies Schreiben. Der Alltag als Mutter eines Teenagers und zweier erwachsener Kinder, die Anforderungen an mich als selbstständige Ärztin und die kleinen und großen Wellen des Lebens brachten allerdings immer wieder Unruhe in die schöne Schreib-Atmosphäre. Gegenüber Lärmquellen erlangte ich mit der Zeit eine gewisse Robustheit, selbst Staubsaugergeräusche direkt neben mir tangierten mich irgendwann nur noch peripher. Wesentlich schwieriger war es mit der Tatsache umzugehen, dass der Tag nur 24 Stunden hat und die Nacht zur Regeneration dienen sollte, um nicht irgendwann ausgebrannt zu sein.

Anfangs weilte ich in meiner Wolke als unerfahrene Autorin mit der Vorstellung, dass ich das Manuskript innerhalb eines halben Jahres vorlegen könne. Mit der Zeit wuchs ich immer tiefer in das Buch und seine Mission hinein, zeigten sich mir immer wieder neue Erkenntnisse und Zusammenhänge, die aufgenommen und bearbeitet werden wollten. Letztendlich sollte es vier Jahre dauern, bis alle Seiten des Buches geschrieben und druckreif waren. Meine Coach-Frau und dann auch Verlegerin Cornelia Linder begleitete mich in dieser Zeit stets mit einer wohltemperierten Mischung aus Ermunterung, Begeisterung und Nachsicht, forderte genau das, was möglich war ohne kontraproduktiven Druck aufzubauen, strahlte Zuversicht und Gelassenheit aus, angereichert mit einer angenehmen Prise Humor.

Druck – den machte ich mir selbst. Besonders wenn der Besprechungstermin mit Cornelia näher rückte. Nicht selten kam es dann vor, dass ich früher als gewollt aufwachte, mir den Laptop auf den Schoss legte und Sätze gestaltete und formte. In diesen arbeitsreichen Phasen half mir meine Erfahrung als Leistungssportlerin. Durchhalten auch angesichts von schwierigen Situationen, jede freie Minute nutzen, um zu schreiben, Kritik konstruktiv umsetzen, Stillstand aushalten und währenddessen nicht verzagen, immer wieder zurück in die Gelassenheit, in die Balance, in den ‚Flow‘ finden – all das kannte ich und konnte es auf das Schreiben übertragen. Mehrmals in der Woche zog ich die Joggingschuhe an und lief durch die Felder und Wälder in meiner Umgebung und währenddessen kam mir oft ein zündender Einfall oder die eine oder andere passende Formulierung in den Sinn. Gerne weilte ich ein paar Minuten an einer kraftspendenden Eiche am Wegesrand. So manches Telefonat nutzte ich, um die vom vielen Sitzen verkürzten Sehnen und Muskeln zu dehnen. Ich achtete auf meine Ernährung, auf ausreichend Ruhe und Regeneration, auf das, was mir und dem Schreiben guttat. Wollte das Schreiben nicht vorangehen, waren die Alltagswellen zu hoch, dann nutzte ich die freie Zeit, um bereits geschriebene Texte zu verfeinern oder zum Recherchieren und lauerte dabei achtsam auf den Moment, in dem ich spürte, dass es wieder fließen wollte. Auch wenn der Druck zeitweise enorm hoch war – das Buchprojekt zur Seite zu legen und zu kapitulieren kam mir auf diese Weise nicht in den Sinn.

Und noch etwas hatte entscheidenden Einfluss auf mein Tun: Seit meiner Kindheit fühle ich mich in Verbindung mit der geistigen Welt und so auch während des Schreibens. Es ergab sich, dass mir immer wieder Menschen begegneten, von denen ich bedeutsame Informationen erfuhr, die mich fachlich auf der einen oder anderen Ebene berieten, die wichtige Impulse für ein Kapitel gaben. Manchmal war es ein Wort, was ich hörte oder las oder welches mir plötzlich in den Sinn kam, manchmal war es ein Satz, ein Vortrag, ein Buch. Meine spirituelle Ebene öffnete mir Türen und inspirierte mich, sie half mir, die passenden Worte zu finden, sie so zusammenzusetzen, dass verständlich wurde, was ich ausdrücken wollte und sie half mir, den Raum zwischen den Worten und Zeilen mit Energie zu füllen.

Der Weg von den ersten Sätzen bis zu dem Werk, welches ausgereift in Druck geht, ist ein Prozess mit allen Höhen und Tiefen. Immer wieder sind wir Schriftsteller aufgefordert, den Fragmentcharakter unserer Zeilen anzunehmen. Unerwartet springen Ideen ins Bewusstsein und wollen niedergeschrieben sein, um nicht genauso sprunghaft zu verschwinden. Gefühlt hunderte Male werden Sätze umgeformt, Abschnitte umgestellt, so manches gestrichen, anderes hinzugefügt. Ein stetiger Wechsel zwischen großem Druck und dem Gefühl, dass die Worte sich wie von Zauberhand zusammenfügen, zwischen kreativem Chaos und konstruktiver Ordnung. Und irgendwann ist er da, der Moment, in dem du es loslassen kannst und fühlst: Jetzt ist es gut!

P.S.: Wenn du mich am Ende dieses Textes nach einer Auflistung der wichtigsten Punkte für die erfolgreiche Fertigstellung eines Buches fragen würdest, würde ich vermutlich Folgendes antworten:

  • Frage dich, warum dieses Buch in die Welt soll und schreibe es auf.
  • Richte dir einen festen Schreibplatz und feste Schreibzeiten ein.
  • Durchbreche diese Festigkeit, wenn dich unerwartet die Muse küsst.
  • Nimm dir, wenn möglich, längere Schreib-Auszeiten vom Alltag.
  • Notiere Ideen und Gedanken unmittelbar, trage Stift und Papier mit dir.
  • Nutze ein passendes Ordnungs- und Aufbewahrungssystem.
  • Suche die Nähe von Menschen, die dich stärken und inspirieren.
  • Vertraue auf Hilfen von allen Seiten und Ebenen und bitte darum.
  • Verzage nicht in den Phasen, in denen das Schreiben nicht fließen will, sondern beschäftige dich alternativ mit Textarbeit und Recherche.
  • Visualisiere, wie du dein fertiges Buch in den Händen hältst und lächelst.
  • Stell dir vor, dass du aus deinem Buch vorliest und die Menschen mit deinen Worten, deiner Melodie und der Energie zwischen den Zeilen erreichst, berührst, erfreust und inspirierst.

 

Antje Göttert, im Januar 2021

Autorin von ‚Das Logbuch der Hundertjährigen‘

Mehr Infos über Dr. Antje Göttert:
https://www.sheema-verlag.de/autoren/dr-antje-goettert

Zum Buch „Das Logbuch der Hundertjährigen. Wissenswertes von A-Z  für ein vitales und vergnügtes Leben“ geht’s hier:
https://www.sheema-verlag.de/produkt/das-logbuch-der-hundertjaehrigen